Bellissimo!

Italienische Malerei von der Gotik bis zur Renaissance aus dem Lindenau-Museum Altenburg

Italien vor 700 Jahren: Die Gesellschaft ist geprägt von einem tiefen Glauben an ein besseres Jenseits, doch zugleich erleben Kultur und Wissenschaft in den Städten, Klöstern und Universitäten einen großen Aufschwung. Bedroht von Kriegen und der Pest machen sich Regenten, Gelehrte und Künstler auf, das Wesen der Natur und des Menschen zu erfassen. Als Ideal gilt dabei die Antike, die eine Wiedergeburt (franz. Renaissance) erlebt. Die Kunst hat entscheidenden Anteil an dieser Bewegung, die ein neues Zeitalter in Europa einläuten wird.

Das Lindenau-Museum Altenburg besitzt eine der größten Sammlungen italienischer Malerei aus Mittelalter und Renaissance außerhalb des Herkunftslandes. Zusammengetragen wurden die Kunstwerke von Bernhard August von Lindenau (1779–1854). Erkunden Sie die Sammlung auf dieser Seite!

Kapitel 1

Mamma Maria!

Maria, die Mutter von Jesus, ist der weibliche Star innerhalb des Christentums. Anders als der ungreifbare Gott ist Maria für viele Gläubige die lebensnahe Vermittlerin, die sich aller Sorgen annimmt. Deshalb wurde sie seit dem Mittelalter auch so oft in Bildern dargestellt – fast immer zusammen mit ihrem kleinen Sohn. Durch die Bilder fühlten sich die Menschen, die davor ihre Andacht verrichteten, Maria nah.

Welche Rolle spielt Maria heute?

Viele Bilder zeigen Maria in ihrer Rolle als Mutter und Jungfrau. Fast ohne Ausnahme wurden diese Bilder von Männern gemalt. Dagegen fühlen sich Frauen heute Maria in sehr unterschiedlichen Rollen verbunden: Als selbstbewusste Frau, als Beschützerin oder als Rebellin.

Die Sängerin Beyoncé präsentierte sich 2017 nach der Geburt ihrer Zwillinge in Anlehnung an Maria als selbstbewusste Mutter. Sie bricht mit der Vorstellung einer weißen Madonna und fordert rassistische und religiöse Sehgewohnheiten heraus.

Von der Ikone zur schönen Madonna

Das Aussehen der Maria wandelt sich vom Ende des 13. Jahrhunderts bis ins 16. Jahrhundert entscheidend. Aus der strengen Ikone mit Goldgrund wird das Bildnis einer schönen Frau vor weiter Landschaft.

Bella figura

Elegant, schön und modisch gekleidet: So wird Maria am Ausgang der Renaissance dargestellt. Kommen Sie ihrer Erscheinung in Pellegrino Tibaldis Werk "Madonna del Silenzio" ganz nah...

Popstar Maria

Maria war in allen Epochen Gegenstand von Gesängen und Kompositionen. Heute ist sie ein fester Bestandteil der Popkultur. Hören Sie doch mal rein!

Kapitel 2

Jesus Christ Superstar

Geburt und Opfertod: So gut wie alle sakralen Bilder, die das Mittelalter und die Renaissance hervorgebracht haben, drehen sich um die Menschwerdung oder die Passion von Jesus. Denn beide Elemente sind Wunder, die erst im Bild greifbar werden. Darauf sehen wir Jesus einmal als Kind, womit seine menschliche Natur unterstrichen wird, ein anderes Mal als Lichtfigur, die das Böse und den Tod überwindet.

Gibt es ein Leben nach dem Tod? 

Wir alle kennen Bilder mit der Darstellung des auferstandenen Christus. Die Frage nach dem ewigen Leben ist nicht nur im Christentum, sondern in allen Religionen zentral: Ein Großteil der Menschheit glaubt an ein Leben nach dem Tod oder an eine Wiedergeburt.

„Man kann nicht anders, als die Geheimnisse von Ewigkeit, Leben oder die wunderbare Struktur der Wirklichkeit ehrfurchtsvoll zu bestaunen.

— Albert Einstein

Jesu Leben in Bildern

Nähern wir uns anhand der Tafelbilder aus Mittelalter und Renaissance zentralen Stationen des Lebens Jesu – von der Menschwerdung bis hin zur Auferstehung.

Auf der Flucht

Nach einem Traum Josefs flieht die junge Familie aus Bethlehem nach Ägypten. Folgen Sie den Flüchtenden in dieser dramatischen Nacht auf der kleinen Predellentafel "Flucht nach Ägypten" von Lorenzo Monaco.

Der Klang der Ewigkeit

Engel spielen in der Malerei der Renaissance vielfach auf Instrumenten. Bringen Sie sieben Instrumente und den Gesang der unsterblichen Engel im Himmel auf diesem Bild von Sano di Pietro zum Klingen!

Kapitel 3

Die Heiligen

Die Lebenswelt des europäischen Mittelalters und der Renaissance war geprägt vom Glauben an Gott und an übernatürliche Kräfte. Menschen, die von Gott inspiriert wurden, schienen wahre Wunder vollbringen zu können. Sie wurden als „Heilige“ bezeichnet und auf Bildtafeln verehrt. Für viele Menschen waren sie Vorbilder und Vermittler zu Gott. Einige von ihnen mussten ihren Mut und ihren Glauben als Märtyrerinnen und Märtyrer mit dem Tod bezahlen.

Leben Heilige unter uns?

Heilige werden bis heute durch sogenannte Reliquien verehrt. Auch unsere Gegenwart kennt Heilige - und liefert die Fanartikel gleich mit.

Ein Schrein für den argentinischen Fußballer Diego Maradona in Neapel.

Mehr als ein Heiligenschein

Figuren aus der Bibel, Märtyrer und Ordensgründer: Die römisch-katholische Kirche zählt über 6500 Heilige und Selige. Ihre Lebensgeschichten wurden seit dem 13. Jh. vor allem durch die Legenda aurea sehr populär und vielfach bildlich dargestellt. Doch wie erkennen wir Heilige im Bild?

Franziskus von Assisi

Der Gründer des Franziskanerordens zählt bis heute zu den populärsten Heiligen in Italien. Zahlreiche Künstler wie der Mönch Fra Angelico haben seine legendäre Lebensgeschichte in Bildern festgehalten. Im Jahr 1219 begab sich Franziskus auf eine lange Schiffsreise...

Heiligen-Memory

Welche Gegenstände gehören zu welcher Heiligenfigur? Ziehen Sie die Objekte in der unteren Reihe in die richtige Position und erfahren Sie mehr über die Heiligen!

Kapitel 4

Altarbilder

Der Altar in Kirchen und Klöstern war der ursprüngliche Aufstellungsort sakraler Bilder. Erste Altarbilder oder Retabel, vor denen die Priester die Messe abhielten, kamen seit dem 13. Jahrhundert in immer größerer Stückzahl auf. Die zentrale Hauptszene wurde häufig von weiteren Bildern auf Seitenflügeln, Predellen und in den kunstvoll geschnitzten Bekrönungen begleitet.

Zu viele Bilder?

Altarbilder wurden im Mittelalter von Gläubigen oft täglich und intensiv betrachtet. Menschen sahen damals in ihrem ganzen Leben so viele Bilder wie wir an einem Tag. Um die Bilderflut, von der wir heute umgeben sind, zu verstehen, druckte der Künstler Erik Kessels 2014 für die Installation 24HRS IN PHOTOS alle an einem Tag bei der Fotoplattform Flickr hochgeladenen Fotos (350.000) aus und füllte damit die Kirche St. Claire in Vevey/Schweiz.

Anzahl der Retabel, die im Dom von Siena um das Jahr 1300 zu sehen waren.

Altartypen

Kunstwerke nehmen wir heute im Museum oft als Einzelobjekte wahr. Dabei befanden sich viele von ihnen zur Entstehungszeit im Zusammenhang großformatiger Altarbilder. Im Laufe der Jahrhunderte wurden sie aus den Kirchen verbannt und gerieten in Vergessenheit. Später wurden sie zersägt und verkauft. Einzeltafeln befinden sich heute weltweit verstreut in zahlreichen Sammlungen. Wie sahen die mehrteiligen Altarbilder ursprünglich aus?

Altarbilder konnten aus vielen Einzelszenen bestehen. Vor 700 Jahren schuf Lippo Memmi für die Kirche San Paolo a Ripa d’Arno in Pisa dieses großformatige Polyptychon, also ein aus vielen Tafeln bestehendes Altarbild. Drei der Tafeln befinden sich heute im Lindenau-Museum.

Kleine Klappaltäre wie dieses von Bernardo Daddi ließen sich verschließen und konnten auch mit auf Reisen genommen werden. In der Mitte thronte meist Maria mit ihrem Sohn. Die beiden wichtigsten Elemente der Heilsgeschichte – Geburt und Kreuzigung Jesu – waren auf den Seitenflügeln vereinigt.

Im 19. Jahrhundert in seine Einzelteile zerlegt, ist der Hochaltar aus der Kirche Santissima Annunziata in Florenz nun wieder in seiner Gesamtheit zu erleben. Besuchen Sie mit uns virtuell das um 1505 von Pietro Perugino und Filippino Lippi geschaffene Kunstwerk. Er bestand aus zwei großformatigen Tafeln und sechs Heiligendarstellungen in einem mit Säulen versehenen Holzkörper. Der Komplex ließ sich umlaufen und wurde von einem Kreuz bekrönt.

Private Andacht

Im Trecento kamen kleinformatige Altartafeln für das intime Gebet zu Hause oder auf Reisen in Mode.

Altarpuzzle

Auch das folgende Retabel existiert heute nicht mehr: Als es um 1435–1440 von dem Maler Pietro di Giovanni d’Ambrogio geschaffen wurde, bestand es wahrscheinlich aus sechs Einzeltafeln. Die Darstellung des Hl. Augustinus gelangte im 19. Jahrhundert nach Altenburg, die weiteren Werke an andere Orte. Gelingt es Ihnen, alle Bilder an ihre ursprüngliche Position zu ziehen?

Kapitel 5

Kunstzentren der Renaissance

Alle Wege führen nach Rom – oder nach Florenz, könnte man mit Blick auf die Kunst der Renaissance in Italien vorschnell äußern. Dabei fand der kulturelle Aufschwung auf der Halbinsel auf ganzer Breite statt. Der Wettbewerb der Städte und Höfe untereinander, aber auch das sichtbare Erbe der Antike und die Reisetätigkeit der Künstler waren Gründe dafür.

Wie kommt das Neue in die Welt?

Wie anhand der Malerei der Renaissance zu beobachten haben Ideen und Kunstwerke oft nicht nur einen einzigen Ursprung, sondern entstehen durch den Austausch einer Vielzahl von Stimmen unterschiedlicher Kulturen. Das Internet ermöglicht diesen Prozess heute entscheidend.

Bella Italia

Italien war in der Renaissance ein Schmelztiegel der Kunst und Wissenschaft: 9 der 15 größten Städte Europas lagen um das Jahr 1500 in Italien. Einige dieser Kunstzentren stellen wir Ihnen anhand von Werken aus dem Lindenau-Museum Altenburg vor.

Entdecke ein prägendes Werk aus

Padua

Entdecke ein prägendes Werk aus

Bologna

Entdecke ein prägendes Werk aus

Florenz

Entdecke ein prägendes Werk aus

Urbino

Entdecke ein prägendes Werk aus

Siena

Entdecke ein prägendes Werk aus

Perugia / Umbrien

Entdecke ein prägendes Werk aus

Rom

Entdecke ein prägendes Werk aus

Neapel

Renaissance in Lucca

In der kleinen toskanischen Stadt arbeiteten im 15. Jahrhundert zahlreiche Künstler. Wie Michele Ciampanti standen sie in engem Austausch mit den Kunstmetropolen Florenz, Siena und Pisa. Auch bei unserem Bild mit der "Anbetung der Könige" führen die Spuren nach Florenz...

Botticelli undercover

Auf Gemälden sehen wir nur die obere Malschicht. Darunter befinden sich aber oft Spuren älterer Bilder oder Vorzeichnungen. Sandro Botticellis Porträt zeigte ursprünglich eine unbekannte Dame aus dem Bürgertum. Nach dem Tod des Malers wurde es zu einer Hl. Katharina mit Heiligenschein, Märtyrerpalme und Rad umgearbeitet. Das ursprüngliche Aussehen der Frau verrät uns das Röntgenbild und die darauf beruhende Rekonstruktion.

Kapitel 6

Glanz und Inszenierung

Nicht nur Kirchen und Klöster, auch die Bürgerhäuser, Paläste und Schlösser der Mächtigen wurden von Künstlern in der Renaissance ausgestattet. Medien der profanen Kunst waren neben Porträt- und Historienmalerei vor allem Statuen, Medaillen und Truhenbilder, sogenannte Cassone-Tafeln. In engem Austausch mit Gelehrten entdeckten Künstler die Antike und deren Mythologie wieder für sich.

Bestimmen Statussymbole unser Leben?

Kunst war in der Renaissance ein Statussymbol – und ist es bis heute. Gefällige Porträts, prächtige Kunstsammlungen und kostbare Möbelstücke waren damals Teil einer bewussten Inszenierung. Heute versuchen Menschen auch über ihre Kleidung, ihr Auto und mit dem neuesten Smartphone Wirkung zu erzielen. Doch brauchen wir Statussymbole? Und wie wichtig sind sie uns?

Der in Serie produzierte „Balloon-Dog“ des amerikanischen Künstlers Jeff Koons.

Gesichter der Renaissance

Herrscher, Hofdamen und Helden: Wer wurde von den Malern in Szene gesetzt?

Showkampf oder Schlacht?

Zu Beginn des Quattrocento schuf Gherardo Starnina kurz nach seiner Rückkehr aus Spanien in Florenz eine einzigartige Kampfszene mit orientalisch gekleideten Reitern. Stürzen Sie sich ins Getümmel!

Vom 18. Mai bis zum 3. November 2024 fand im Augustinermuseum in Freiburg die Ausstellung „Bellissimo! Italienische Malerei von der Gotik bis zur Renaissance aus dem Lindenau-Museum Altenburg“ statt.

Das Lindenau-Museum am Fuße des Altenburger Schlossberges wird aktuell umfassend saniert und deutlich erweitert. Bis zur Wiedereröffnung sind Auszüge der Sammlung italienischer Tafelbilder im Interim des Museums in der Kunstgasse 1 zu sehen. Eine „Italiener-Collection" mit weiteren spannenden Einblicken wird demnächst online verfügbar sein.

Für mehr Informationen zur Altenburger Sammlung früher italienischer Malerei lohnt sich auch ein Blick in den im Hirmer Verlag erschienenen Ausstellungskatalog "Bellissimo!".